Sonntag, 7. Juni 2015

Die Neue Frau in Bietigheim-Bissingen

Malerinnen und Grafikerinnen der Neuen Sachlichkeit in Bietigheim-Bissingen

Vom 25.4. bis 12.7.2015 in der Städtischen Galerie 

17 deutsch-sprachige Künstlerinnen, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts geboren sind, sind hier mit Werken , die zwischen den beiden Weltkriegen entstanden sind, vertreten.

Frisurpuppen von Grete Jütgens 1927


Es handelt sich um Ölgemälde auf Leinwand oder auf Holz, um Bleistift- und Kohlezeichnungen, sowie verschiedene Mischtechniken.
Gezeigt werden Einzel-Porträts, wie Gruppenbilder oder auch andere Darstellungen der sozialen Verhältnisse der Zeit.

Carolina 1925 ganz burschikos


Unter Umständen durfte sie sogar in die Lluft gehen


Neue Frau zwischen den Kriegen mit Herr als Begleitung
Diese Fotos stammen aus Familienbesitz und sind nicht Teil der Ausstellung sondern dokumentieren lediglich neue Freiheiten für die Frau in dieser Zeit. Die Frau war Lenkerin eines Flugzeugs, Fahrerin eines Vehikels, oder sogar Pfeiferaucherin in "Männerkleidung".

Manche Szenen erinnern an Zille oder Käthe Kollwitz. Wie Abziehbilder einer Gesellschaftsordnung, die keine soziale Hängematte kennt, ziehen die Werke in ihren Bann. 
An manchen Stellen dekorativ, aber immer kritisch die Not und Befindlichkeiten der Menschen betrachtend, faszinieren die Darstellungen in Farbe und Strichführung.

Ein Zeitspiegel der Weimarer Republik in all seinen Facetten! Das Selbstverständnis der Frau hat sich nach dem ersten Weltkrieg oberflächlich betrachtet stark emanzipiert, wenn auch nur für Frauen aus den besser betuchten Kreisen, und selbst diese waren immer noch nicht wirklich gleichberechtigt. Doch einige konnten sich in der Gesellschaft als Künstlerinnen durchsetzen und nutzen ihre Freiheiten um auf Missstände aufmerksam zu machen.

Malerinnen wie Paula Lauenstein, Lea Grundig, Hanna Nagel, Erika Streit, Grethe Jürgens, Gerta Overbeck,Hella Jacobs, Elfriede Lohse-Wächtler und weitere insgesamt 17 Künstlerinnen zeigen ihre Kunst und ihr Können. Manche von ihnen erlitten aufgrund der Umbrüche durch die Hitler-Diktatur eine schweres Schicksal wie Else Lohse-Wächtler. 

Zwar muss man in diesem Gebäude immer noch jede noch so kleine Tasche im Schließfach einschließen, und ein Eintrittspreis von 6€ ist meiner Meinung nach zu hoch für die schwäbische Provinz, aber der Besuch lohnt sich. 

Bei jedem neuen Raum befürchtete ich, dass nun Schluss sei mit der Kunst, und man ab sofort nur noch den üblichen ........ zu sehen bekommt. Ich war wirklich mehr als überrascht, dass sich bei dieser Ausstellung die durchgehend hohe Qualität der Exponate bis zum Ende, sogar im Altbau, durchzog. 
Die beste Ausstellung, die ich in diesem Haus je gesehen habe.

Alles in allem eine echte Sensation für Bietigheim, eine gelungene Präsentation. Etwas anderes wäre auch Verrat an der mutigen Haltung dieser Künstlerinnen gewesen, die es trotz neuer Freiheiten nicht leicht hatten in einer Zeit, wo sie nur solange gleichberechtigt waren, wie es den Männern passte, was noch Jahrzehnte später nicht überwunden war. Man denke nur an den "Haupt- und Nebenwiderspruch" der Studentenbewegung der 60er Jahre. 
Frauen waren bei aller Modernität auch hier noch neben- und untergeordnet.

Also hingehen, anschauen, staunen!
Öffnungszeiten:https://galerie.bietigheim-bissingen.de/deutsch/ausstellungen/aktuell/  
http://de.wikipedia.org/wiki/Lea_Grundig 
http://de.wikipedia.org/wiki/Hanna_Nagel 
http://de.wikipedia.org/wiki/Gerta_Overbeck 
http://de.wikipedia.org/wiki/Elfriede_Lohse-W%C3%A4chtler 
       

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